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Oben und im Verlauf auch im Seitenhintergrund auftretendes Fries der Wandfliesen im Kraftwerk, dass die Dynamik des fließenden Wassers symbolisieren soll.







Das 1914 gebaute Wasserkraftwerk in Bad Gastein wurde 1995  stillgelegt und 2004 unter Denkmalschutz gestellt. Aktuell ist es zu einem
Gastronomischen Ort umgebaut worden.

Die noch fast vollständig erhaltene Maschinenhalle mit Marmorschalttafel ist dabei in die Gastronomie integriert worden. Im hinteren Gebäude finden Kunstausstellungen statt.

Das Besondere an diesem Kraftwerk ist seine ungewöhnliche Lage. Die  Druckrohrleitung verläuft parallel zum Wasserfall der Gasteiner Ache, wobei die theoretisch erzielbare Fallhöhe gar nicht genutzt wurde. Wahrscheinlich ist die Anlage nur für den Strombedarf des Gasteiner Tals und Umgebung in den 1910er Jahren konzipiert worden.

(Bilder Juli 1999)

 


Technische Daten:
Fallhöhe 80 m
2 noch vorhandene Maschinensätze Baujahr 1914
mit je 540 KVA Leistung, 5200 Volt 750 U/min
Francis-Turbinen: J. M. Voith Baujahr 1914,
Generatoren Nr.: 50 548 und 50 547, 
Siemens-Schuckert-Werke Österreich

1 ausgebauter Maschinensatz Baujahr 1924
mit  950 KVA Leistung 5200 Volt 1000 U/min
Turbine: J. M. Voith Baujahr 1924,
Generator Nr.: 177 250
Siemens-Schuckertwerke  Österreich

 

Im Vollausbau lieferte das Kraftwerk ab 1925 bis zu
11,5 Millionen kWh im Jahr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das riesige Eingangsportal mit dem heute entfernten Maschinensatz im Gegenlicht, links der Aufgang zur Marmorschalttafel.

Das Zeichen im Eingangsportal oben taucht in allen Geländern des Kraftwerks wieder auf und symbolisiert den Übergang vom Jugendstil zu Art déco.

 

 

Noch einmal der entfernte Maschinensatz am Eingang mit dem draußen tosenden Wasserfall







unten:
Detail der Bodenfliesen im Randbereich

Die heute noch vorhandenen Maschinensätze vor der Empore des Bedienstandes.

Die beiden Synchronisier-Instrumente zur Parallelschaltung der Generatoren mit dem Netz spiegeln sich in der blanken Marmorschalttafel von 15 m Länge.
Hier spürt man auch nach 110 Jahren noch den Glanz früherer Epochen, die das Bild des exklusiven Kurbades prägten.

Das Kraftwerk bietet einen interessanten Einblick in die Technik der Stromerzeugung zu Beginn des vorigen Jahrhunderts.

Technisch könnte die Anlage immer noch Strom erzeugen, nur der Wartungs- und Bedienaufwand ist aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß.

Detail eines der beiden 8-poligen Drehstromgeneratoren mit je 540 kVA Leistung.




Die offene Bauweise von Generatoren bei einer Spannung von 5200 Volt war 1914 noch üblich.

Eine der sehr gut erhaltenen Gleichstrom Erregermaschinen von 1914, alte  Elektro-Maschinenbaukunst vom Feinsten.

Mit dem Griff konnte die Stellung der Kohlebürsten verändert werden, um das Bürstenfeuer zu verringern.
Generator und Erregermaschine des entfernten Maschinensatzes.
Diese 1924 eingebaute Maschine lief mit 1000 U/min und leistete max. 950 kVA bei einer Spannung von 5200 Volt.
Am Schlüsselbrett ist schon ein gewisser Schwund sichtbar ;-).

Das Manometer stand mal auf 80 mWS, was dem Betriebsdruck der Turbinen entsprach.
Viele Spezialwerkzeuge von Voith, wahrscheinlich für die Wartung der Turbinen und Regler.








Eine Ausschnittvergrößerung der Schalttafel zeigt symbolisch die Uhr als Rotor eines Generators, der ein Magnetfeld in die Spulen des Stators rechts und links induziert und Strom in das Netz einspeist.

Am 1. Aufgang zur Schalttafel hing eine Siemens-Mutteruhr zur Steuerung der Schalttafel-Uhr.
(auf dem letzten Bild zu sehen)
Die hydraulischen Voith- Turbinenregler zur Verstellung des Leitapparates an den Francis-Turbinen liefen nach 81 Betriebsjahren noch im Originalzustand und wurden offensichtlich gut gepflegt.



Handrad mit Untersetzung für das Verschlussorgan an der Turbine.
 (Maschine Nr. 3 von 1924)
Der erst 1924 eingebaute linke Maschinensatz ist entfernt worden, um mehr Platz für die Gastronomie zu schaffen.


Auf neueren Bildern ist zu sehen, dass die blanken Teile der Maschinen stark verrostet sind.
Das liegt zum einen an der sehr feuchten Luft in der Nähe des Wasserfalls und zum anderen gibt es keine Maschinisten mehr, die mit Ölkannen und Putzlappen die Anlage pflegen.





Mein ganz besonderer Dank geht an das Gemeinde-Bauamt Bad Gastein, für das Vertrauen, mir den Schlüssel des Wasserkraftwerks für ein paar Stunden zu überlassen, um den Zustand des Kraftwerkes nach der Stilllegung Ende des vorigen Jahrhunderts zu dokumentieren.

Wie bin ich auf das Wasserkraftwerk im 830 km entfernten Paderborn aufmerksam geworden?
Am 30.4.1985 erschien im „Westfalen-Blatt“ ein  kurzer Artikel mit Bild über das Kraftwerk in Bad Gastein. "Mit 70 Jahren noch lange nicht im Rentenalter" wurde die Anlage beschrieben. Das war für mich insofern bemerkenswert, weil in der Nähe gerade ein ähnlich altes Wasserkraftwerk abgerissen und alle Maschinen verschrottet wurden. 14 Jahre später erinnerte ich mich an den Artikel und beschloss, mir das mittlerweile auch stillgelegte, aber noch vollständig erhaltene  Kraftwerk in Bad Gastein anzusehen.

Eigentlich wollte ich nur mal einen Blick durch ein Fenster werfen und ein paar Bilder von dem Gebäude machen. Als mir aber der Hotelmanager in meiner Unterkunft in Aussicht stellte, den Schlüssel für das Kraftwerk zu besorgen, nahm der Besuch einen unerwarteten Verlauf.
Mit großer Freude und Begeisterung machte ich mich auf den Weg zur Anlage, leider hatte ich nur eine alte analoge Kamera ohne Stativ und Blitzlicht dabei. Daher entsprechen die Fotos nicht der Qualität heutiger Digitalaufnahmen, aber sie sind ein kleines Dokument der Zeitgeschichte.